Forschungsschiff als schwimmendes Klassenzimmer

Raus aus dem Klassenzimmer und ab auf den See! Das Forschungsschiff des Limnologischen Instituts der Universität Konstanz nahm auch dieses Frühjahr wieder Schulgruppen der Oberstufe von Konstanzer und Überlinger Gymnasien zu Ausfahrten auf den See und zu Plankton-Probennahmen mit. Meine Kommilitonin Fiona Krüger und ich begleiteten sie als Lehramtsstudentinnen des Fachbereichs Biologie dabei. Wir wollten Lernen einmal anders gestalten und die Schülerinnen und Schüler dazu motivieren, ihre Umgebung und ihr eigenes Handeln selbst besser wahrzunehmen. Das didaktische Programm dazu hatten wir in einem Seminar an der Universität Konstanz ausgearbeitet. Nun hieß es für die SchülerInnen, den See und seine vielen mikroskopisch kleinen Bewohner einmal so richtig kennen zu lernen!
Willkommen an Bord
Erst informieren, dann erkunden: Zunächst erfahren die SchülerInnen das Wichtigste über das Schiff, die Arbeitsmaterialien und die Stelle, wo die Proben entnommen werden. Dann haben sie Zeit, das Schiff und den See kennenzulernen. Sie bewegen sich frei auf dem Schiff und beantworten Fragen anhand von ausgehängtem Infomaterial. Kurz bevor wir am Probeentnahmeort vor Wallhausen ankommen, erklärt David Schleheck die verschiedenen Materialien und Geräte zur Probennahme und Datenaufzeichnung genauer. Er ist Professor für mikrobielle Ökologie und limnische Mikrobiologie am Limnologischen Institut der Universität Konstanz.
Beim Probeentnahmeort angekommen dürfen die Schülerinnen und Schüler auf der Arbeitsplattform des Schiffs selbst Mikroplankton-Proben sammeln und die Sichttiefe des Wassers bestimmen. Fiona Krüger erklärt einer Gruppe von ihnen, wie man mittels der Secchi-Scheibe die Sichttiefe ermitteln kann. Das probieren die SchülerInnen dann selbst aus, lassen die Scheibe ins Wasser und beobachten, bis zu welcher Tiefe man sie noch sehen kann. Zeitgleich entnimmt der andere Teil der Gruppe schon eigene Mikroplankton-Proben. Auf meine Anleitung hin lassen die SchülerInnen ein Planktonnetz an einem langen Seil ins Wasser und filtrierten anschließend anhand eines „Plankton-Zugs“ ihre eigenen Mikroorganismen aus dem Wasser heraus.
© Theresa BraunDie SchülerInnen lassen ein Planktonnetz an einem langen Seil ins Wasser und filtrierten anschließend anhand eines „Plankton-Zugs“ die Mikroorganismen aus dem Wasser heraus.
Mikroskopieren und entdecken
Danach geht es für alle wieder ins Innere des Schiffs. Denn jetzt heißt es Mikroskopieren. Und was sie da alles erblicken: Von Kieselalgen, Rädertierchen, Glockentierchen, Wimpertierchen bis hin zu Hüpferlingen, welche ziemlich lebhaft durchs Bild schwimmen – also von Bakterioplankton über Phytoplankton bis hin zu Zooplankton – entdecken die SchülerInnen die große Vielfalt der Mikroorganismen im Seewasser. Ihre Beobachtungen gleichen sie mithilfe eines Plankton-Kataloges ab und notieren sie. Beim Bestimmen und Einsortieren der Organismen helfen ihnen David Schleheck und wir Lehramtsstudentinnen.
Auf der Rückfahrt zum Konstanzer Hafen besprechen wir gemeinsam das Erarbeitete. Darüber hinaus sensibilisieren wir die Schülerinnen und Schüler für aktuelle biologische Themen rund um den Bodensee, die dramatische Invasion der Quagga-Muschel im Bodensee beispielsweise. Dazu erklären wir ihnen, wie man eine Weiterverbreitung von der invasiven Art zwischen Seen verhindern kann, indem Boote und Wassersportgeräte gründlich gereinigt, getrocknet oder desinfiziert werden, bevor sie in einem anderen Gewässer eingesetzt werden. Nur so lässt sich die ungewollte Einschleppung und Ausbreitung invasiver Arten wie der Quagga-Muschel effektiv verhindern. Und die SchülerInnen wollen wissen, weshalb sich der See im Sommer so schön türkis-grün verfärbt. Daher geben wir ihnen noch einen Einblick in die Calcit-Fällung des Sees, bevor noch ein wenig Zeit bleibt zum Entspannen, Aussicht genießen, Fragen stellen oder weiter Mikroskopieren.
© Theresa BraunDavid Schleheck unterstützt beim Bestimmen und Einsortieren der Organismen.
Lernziel erreicht
Im Hafen angekommen, äußern sich die SchülerInnen und Lehrkräfte begeistert und freuen sich riesig darüber, dass sie bei dieser Ausfahrt den See als außerschulischen Ort nutzen konnten. Auch uns als Lehramtsstudentinnen brachten die drei Ausfahrten dieses Jahr sehr weiter. Es ist auch für uns eine tolle Möglichkeit, Erfahrungen im Umgang mit Schulklassen zu sammeln und die Lehrfähigkeiten auszuprobieren und zu verbessern. Schon das vorausgehende Seminar bot uns Gelegenheit, Unterrichtsplanung zu üben und uns intensiv damit auseinanderzusetzen, wie Inhalte zum größtmöglichen Lernerfolg aller umgesetzt werden können. Und das, finde ich, wurde auf den Ausfahrten erreicht. Durch den See und ein Schiff als außerschulischen Lernort kann man noch tiefere Einblicke in das Ökosystem und seine Organismen erhalten, als man es im Klassenzimmer je könnte.
Zwischen März und Mai konnten Schülerinnen und Schüler der Oberstufe von Konstanzer und Überlinger Gymnasien an den regelmäßigen Ausfahrten teilnehmen, die das Forschungsschiff Robert Lauterborn zur Entnahme von Wasserproben unternimmt. Für diese Anlässe verwandelt sich das Schiff in ein „schwimmendes Klassenzimmer“. Die didaktische Ausgestaltung des Ablaufs sowie die Begleitung der Gruppen übernahmen zwei Biologie-Lehramtsstudentinnen, Fiona Krüger und Lotte Schukraft. Das didaktische Programm hatten die Lehramtsstudierenden der Biologie zuvor im Rahmen eines Seminars erarbeitet, das das forum.konstanz ermöglichte. Schwerpunkt dabei war, wie eine solche Aktivität als außerschulischer Lernort pädagogisch genutzt werden kann.